Foto: Andre Wirsig

DER BAU

Franz Kafka/Cie. Freaks und Fremde

Schauspiel

Inhalt

Zeitlos schrecklich und tief sind die Ängste Franz Kafkas. Die Gedanken von Kafkas Baubewohner offenbaren ein von Vorurteilen geprägtes manisches Sicherheitsbedürfnis, das dieser Tage wieder durch die Köpfe und Diskurse geistert und unmenschliche Konsequenzen hat. Der Baubewohner weiß, was richtig und falsch ist. Mit seiner Stirn hat er sich ein Paradies in den Waldboden gegraben und lebt dort in sicherer Entfernung zur Gesellschaft.

»Dein Haus ist geschützt, in sich abgeschlossen. Du lebst in Frieden, warm, gut genährt, Herr, alleiniger Herr über eine Vielzahl von Gängen und Plätzen, und alles dieses willst du hoffentlich nicht opfern, aber doch gewissermaßen preisgeben.« Ausbesserungsarbeiten und genüssliches Flanieren durch die Vertrautheit seiner Gänge und Plätze bestimmen das Dasein des Baubewohners. In der Ruhe seiner Behausung kann er aufatmen, kann in wohligen Schlaf sinken auf seinen angesammelten Vorräten. Er ist stolzer Herrscher des selbsterschaffenen Reichs, Erbsenzähler und Medium flirrender Angst in allen Schattierungen. So sehr er sie ignorieren will – es gibt sie doch, die Welt dort draußen. Sie werden kommen. Sie wollen ihn, sie wollen teilhaben an seinem Wohlstand, ihn vernichten. Doch wer ist »er« und wer sind »sie«?

Ein hypnotisierender Theaterabend über Isolation, Angst, Einsamkeit, über die Schwierigkeiten, heimisch zu sein, wenn man den Anderen misstraut und Kontrolle für das Wichtigste im Leben hält.

Mitwirkende

Idee, Ausstattung, Performance: Sabine Köhler, Heiki Ikkola | Komposition, Live-Sound-Design: Daniel Williams | Lichtdesign: Josia Werth | WERKSCHAU der Cie. Freaks und Fremde 2023, in Kooperation mit dem Societaetstheater

Dauer: 80 Minuten

Voll:
18 Euro
Ermäßigt:
13 Euro
Schüler:innen, Studierende, Bürgergeld-empfänger:innen:
8 Euro

Beim Online-Ticketkauf sowie beim Kauf in einer reservix-Vorverkaufsstelle fallen zusätzliche Gebühren an. Diese entfallen beim Kauf an unserer Theaterkasse.

Ergänzungen / Hinweise

Am 30.11. 2023 findet im Anschluss an die Aufführung ein Inszenierungsgespräch mit Tim Sandweg, Künstlerischer Leiter der Schaubude Berlin und Mitglied der Redaktion von double, statt.

Pressezitate

»Auf die Bühne kommt alles ohne Zeitgeisteleien, was bei Kafka auch nicht Not tut. Er hat in seinen Texten schließlich unvergleichliche Räume geschaffen, denen sich das Attribut metaphorisch wie von allein zugesellt. Freaks und Fremde in Gestalt von Sabine Köhler und Heiki Ikkola werden nicht nur zu diesem namenlosen Tierwesen, indem sie sich den Text immer wieder zuspielen, ihn überlappen lassen, ihn auch mal gleichzeitig sprechen. Sie machen das Ganze darüber hinaus zu einem Pas de trois - mit einer menschlichen Puppe, die beide oft parallel führen. Auf sie ist das Auge des Zuschauers gerichtet, sie avanciert zum Star des Abends. Und was bei Kafka Tier war, wir hier über die Puppe zum Menschen. (...) So entsteht tatsächlich ein Sog in diese erdenschwere Paranoia hinein, die durch Kafkas Text entworfen wurde. Die Musik (Komposition und Live-Sound-Design: Daniel Williams) spielt dabei eine tragende Rolle, bis hin zur akustischen Verzerrung. Sie ist ständig essentieller Teil der Szene.« (DNN)

»Es handelt sich um eine dichte Inszenierung mit Ikkola, Köhler und einer Puppe. Diese ist mal stummer Beobachter der Szene, mal wird sie von den Spielern bewegt. Konzentriert und mit sparsamen Mitteln gestalten die Spieler diesen düsteren Text. (...) Sie schaffen einen Abend, der sich ganz dem Text verschreibt und diesen mit starken Bildern ergänzt. Die ganze Zeit über rieselt ein Sandstrahl von der Decke, Nebel befeuchtet die Luft, so ist für die Zuschauer das Gefühl modriger Düsternis ganz körperlich spürbar. Natürlich handelt dieser Text von jemandem, der sich vor Angst abschottet, doch gerade weil Ikkola und Köhler in keinem Moment irgendwo moralisch herumfuchteln, wirkt der Abend so drastisch, dass man sich keine der 90 Minuten langweilt.« (Sächsische Zeitung)

»Sabine Köhler und Heiki führen in ihrem virtuosen Spiel durch das (Gedanken-)Labyrinth des Protagonisten. Im wilden Wechsel von Stimmen, Musik und Klängen streiten, vermuten und widersprechen sie, bestärken, umschlingen und bedrohen sich gegenseitig. Gemeinsam steuern sie die Gänge der Puppe durch das Tunnelsystem, um im nächsten Moment selbst als Spielende den inneren Zwist der Figur in dialogischem Widerstreit auszutragen, während die Puppe als stiller Beobachter auf einem Podest an der hinteren Bühnenwand sitzt. Die starke Körperlichkeit der Gliederpuppe wird durch Physis und Mimik der Spieler*innen verstärkt.« (Fidena - Portal für Figurentheater und Puppenspielkunst)

Diese Veranstaltung wurde gefördert von